Ökosystem „Handwerk“ – Potenziale für Banken und Versicherer
Im Vorgängerartikel 6/9 haben wir uns nach der Diskussion von Erfolgsfaktoren und Rollen im Kontext plattformbasierter Ökosysteme mit der Lebenswelt HOME auseinandergesetzt.1 Und dies aus Sicht von Versicherungs- und Energiekonzernen sowie aus der Brille des PropTechs Animus. Dieser Artikel widmet sich einer weiteren Zielgruppe und deren Bedürfniswelt: dem HANDWERK.
Warum eine B2B-Handwerkerplattform Sinn macht
Das Handwerk ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass die Verantwortlichen zur Organisation ihres Arbeitsalltags es mit einer Vielzahl an zeitraubenden Themen zu tun haben, die nicht unmittelbar mit der eigentlichen handwerklichen Leistungserstellung verbunden sind. Gerade diese werden in den meisten Fällen eher als lästig empfunden. Trotzdem sind sie erforderlich, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Typische Themenfelder sind Personalrecruiting, -entwicklung und -verwaltung, Ausbildung von Lehrkräften, Arbeitsorganisation, Finanzierung, Liquiditätssicherung, Versicherungen, Einkauf, Rechnungslegung, Kundenmanagement sowie Werbung / Marketing, wozu auch Design und Pflege eines ansprechenden digitalen Unternehmensauftritts zählen. Auch Themen wie Nachfolgeplanung oder die Gründung weiterer Unternehmen gehören dazu.
Natürlich gibt es am Markt Leistungsanbieter zu allen Aspekten, die mit der Organisation des Handwerkbetriebs zu tun haben. Allerdings bieten diese in der Regel Einzellösungen an. Die Verteiltheit der Leistungen macht es vor allem kleineren Handwerksbetrieben schwer, sich einen Überblick über das unterstützende Produktangebot zu verschaffen. Passende Lösungen in Bezug auf Art, Umfang, Preis und Qualität sind mit hohem Such- und Informationsaufwand verbunden. Zudem sind viele der angebotenen Lösungen industrieller Natur und passen aufgrund der geringen Größe eines Handwerkbetriebs meistens nicht oder sind nicht bezahlbar.2 Selbst wenn adäquate Leistungen gefunden würden, besteht die nächste Herausforderung darin, diese in bestehende Prozesse und Systeme zu integrieren. Für die meisten KMUs eine vielfach nicht zu bewerkstelligende Aufgabe. Insbesondere bei den vielen Kleinstbetrieben – 80% der ca. 557 Tsd. Handwerksbetriebe in Deutschland beschäftigen weniger als 10 Mitarbeitende3 – besteht aufgrund ihres verhältnismäßig geringen Digitalisierungsgrads der größte Aufholbedarf bei der Identifizierung und Integration der notwendigen (digitalen) Unterstützungsleistungen und Anwendungen.4
Ein Blick in die Arbeitsrealität insbesondere kleinerer Betriebe zeigt, dass z.B. im Baugewerbe die Organisation eines Bauprojektes sich oftmals nicht mit der Akquise von neuen Bauvorhaben verträgt und Investitionen in unterstützende Bürokräfte oder eine performantere System- bzw. Administrationsinfrastruktur aus Unkenntnis, Kostengründen oder Unsicherheit über die Zukunft vermieden werden. In der Konsequenz werden die um das Kerngeschäft „drumherum“ anfallenden Arbeiten dann von einem anderen Familienmitglied abends bzw. nebenbei mitgemacht oder die angestellten Mitarbeiter greifen zur Erledigung der Aufgaben auf wenig effiziente manuelle Prozesse zurück. Dass das nicht optimal ist, liegt auf der Hand.
Aber nicht nur viele Handwerker würden von einem plattformbasierten Ökosystem „rund um das Handwerk“ profitieren, sondern auch viele ebenfalls mittelständisch geprägte Anbieter der oben genannten Leistungen. Eine Plattform würde für sie eine effiziente und effektive Form des Kundenzugangs sicherstellen. Damit wird eine zentrale Grundbedingung erfüllt, die die Basis für eine grundsätzlich erfolgreiche Plattform legen kann: Es gibt zwei Nutzergruppen – Nachfrager und Anbieter – mit jeweils hinreichend vielen Akteuren, für die eine Handwerkerplattform von großem Vorteil wäre, denn eine plattformbasierte B2B-Lebenswelt „Handwerk“ würde die Transaktionskosten für beide Seiten in signifikantem Ausmaß senken.
Plattformbasiertes Ökosystem Handwerk – Ansatzpunkte für ein nutzerorientiertes Leistungsangebot
Ein plattformbasiertes Ökosystem zum Thema Handwerk insbesondere für KMU kann die bisher vernachlässigten, aber für Handwerksbetriebe eminent wichtigen Themenfelder aufgreifen. Dabei sprechen wir aktuell von einer B2B-Plattform, die die am Markt verfügbaren (digitalen) Lösungen für Handwerker auf der Plattform bündelt sowie transparent und nutzerorientiert darstellt. Es geht hier nicht um die bereits existierenden endkundenorientierten B2C-Plattformen wie my.hammer, blauarbeit.de, homebell oder Doozer, die Handwerksleistungen für Endkunden vermitteln. Diese können natürlich in einem weiteren Ausbauschritt an eine B2B-Plattform angebunden werden.
Von SMP in den letzten Jahren durchgeführte Befragungen bei Handwerksbetrieben im KMU-Segment geben klare Hinweise auf die Pain-Points auf Handwerkerseite, woraus sich für die Erreichung der kritischen Masse bzw. der Lösung des „Henne-Ei-Problems“5 erfolgskritische Ankerprodukte ableiten lassen. Diese liegen vor allem in den Bereichen „Digitale Projektabwicklung (Zettelwirtschaft)“, „Digitale Mitarbeitervorteile (Cafeteria-Ansatz)“ und „Personalisierte Kundenkommunikation (Call Center)“. Die Befragungen zeigen auch, dass sich die Betriebe darüber hinaus nicht nur mit wachsenden Problemen bzgl. der Bürokratie und Regulierung in den Tagesabläufen beschäftigen, sondern auch mit Fragen der Betriebsnachfolge, dem regionenübergreifenden Recruiting von Fachkräften bzw. der Zukunftssicherung. An diesen Punkten kann die Plattform mit attraktiven und kundenorientierten Ankerprodukten ansetzen.

Abb. 1: Auswahl mehrwertstiftende Leistungen für Handwerker (Quelle: SMP AG)
Des Weiteren zeigen unsere Analysen – und das ist als Hintergrundinformation für den Aufbau der digitalen Plattform wichtig – den zum Teil dramatischen Rückstand des Handwerks gerade im Kontext der Digitalisierung: über die Hälfte aller kleineren Betriebe stufen ihre Kenntnisse hinsichtlich der Möglichkeiten, wie die Digitalisierung den Geschäftsbetrieb in den unternehmerischen Themenfeldern unterstützen kann, als schlecht bis sehr schlecht ein. Lediglich 10% geben an, digital gut aufgestellt zu sein. Ebenso bedenkenswert ist die Selbsteinschätzung, wie sich Handwerksbetriebe als interessante Arbeitgeber positionieren können, um nachhaltig Mitarbeiter zu binden (Thema: Fachkräftemangel / Abwanderung zur Industrie). Dies ist ein eindeutiger Hinweis auf Defizite in den Betrieben, der zwei Rückschlüsse zulässt: Zum einen sind mehrwertstiftende diesbezügliche Leistungen im Rahmen eines plattformbasierten Ökosystems absolut relevant. Zum anderen müssen Zugang und Nutzererlebnis intuitiv und einfach gestaltet werden.
Insgesamt zeigen die o.g. Defizite, dass eine B2B-Plattform, auf der Handwerksbetriebe auf ihre Belange zugeschnittene, relevante und bezahlbare Lösungen finden können, großes Erfolgspotenzial besitzt. Nicht nur in Bezug auf die Kern- bzw. Unterstützungsleistungen, sondern auch hinsichtlich der Unterstützung bzgl. der weiteren Digitalisierung der Unternehmen. Dabei steht bei der inhaltlichen Ausrichtung die Frage im Fokus: „Wie kann dem Handwerker das Leben so einfach wie möglich gemacht werden“. Für die spezifischen Bedarfe der Handwerker werden die am Markt verfügbaren (digitalen) Lösungen auf der Plattform gebündelt sowie transparent und nutzerorientiert dargestellt. Darüber hinaus können mit den Lösungsanbietern neu-dimensionierte Angebote mit konsequentem Fokus auf die spezifischen Bedürfnisse des Handwerks entwickelt werden, die idealerweise skalierbar sind und damit für den Handwerksbetrieb einen möglicherweise attraktiven Preispunkt besitzen.
Chance für Banken und Versicherer als Plattformbetreiber bzw. Orchestratoren
Die schlechte Nachricht vorneweg: „Finanzdienstleistungen“ werden in den Studien nicht als TOP-Herausforderungen seitens des Handwerks gesehen. Das gilt gleichermaßen für Versicherungs- wie auch für Bankleistungen; wichtig und erforderlich ja, aber in Bezug auf den empfundenen Nutzen bzw. deren Bedeutung stehen diese eher im Mittelfeld der Nennungen. Daher eignen sie sich nicht in einem ersten Schritt als Ankerleistungen für den Aufbau eines plattformbasierten Ökosystems, denn sie lösen das „Henne-Ei-Problem“ nicht.
Banken und Versicherer müssen sich ganz grundsätzlich mit der Problematik der Absicherung des Kundenzugangs auseinandersetzen. Das wird selbst mit dem Aufbau einer Allfinanz-Plattform, die sich zum Ziel gesetzt hat, für den Kunden eine Übersicht über alle Versicherungen und Bankdienstleistungen auf einer Plattform zu geben, schwer. Beispiele hier sind „Heymoney“ von der Allianz oder „treefin“ vom W&W-Konzern. Übergreifend natürlich Clark. Es bleibt aber die grundsätzliche Frage, ob das Thema „Finanzen“ stark genug aus Kundensicht ist, um darauf basierend ein eigenständiges plattformbasiertes Ökosystem aufbauen zu können.
Die gute Nachricht für Finanzdienstleister vor diesem Hintergrund ist, dass sie im Handwerker-Kontext trotzdem eine wichtige Rolle spielen können. Sie können selbst eine solche Plattform aufbauen und die Rolle eines Plattformbetreibers bzw. -orchestrators einnehmen. Die Plattform kann dabei gleichermaßen regional oder überregional ausgerichtet sein. Insbesondere im Rahmen einer regionalen Ausrichtung besteht eine große Chance für Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken.
Vereinzelt finden sich bereits erste Handwerkernetzwerke bei einigen Versicherungen. Versicherer schließen mit Handwerkern Rahmenvereinbarungen, wonach Versicherungskunden im Falle eines Schadens bevorzugt behandelt werden. Der vermeintliche Vorteil besteht dann für die Handwerker im zugeleiteten Dealflow; für den Kunden in der schnelleren Bearbeitung des Schadens. Das funktioniert insbesondere gut in den Situationen, in denen der Handwerker Leerkapazitäten hat. Denn bei vollen Auftragsbüchern wird er wahrscheinlich eher die selbst akquirierten Kunden bedienen, da er in diesem Fall die mit dem Versicherer verhandelte Gebühr einsparen kann. Zudem besteht bei einer rein auf monetäre Nutzenaspekte ausgerichteten Plattform die Gefahr, dass der Handwerker die Plattform umgeht, um die Transaktionskosten zu sparen. Ein Phänomen, dass viele von uns im Rahmen des Corona-Lockdowns kennengelernt haben, wenn Kunden über Lieferando bei einem bestimmten Restaurant Essen bestellen und dieser bei häufiger Bestellung direkt auf den Kunden zugeht, um die von Lieferando einbehaltene Gebühr von 25% zu sparen.
Der für eine Plattform so elementar wichtige Lock-In-Effekt kann nur dann hergestellt werden, wenn der Handwerker über die Nutzung der Plattform weitere Mehrwerte generieren kann. Die Herausforderung besteht zudem nicht alleine in dem „Gewinnen“ der Handwerker, sondern im „Halten“ der Teilnehmer bzw. in der Reduzierung des Multihomings und der damit einhergehenden Gefahr des Umgehens der Plattform. Ein weiterer Nachteil für den Versicherer ergibt sich aus der instabilen Beziehung zum Handwerker dann, wenn der Versicherer sein Versprechen gegenüber dem Kunden z.B. in Bezug auf die bevorzugte Beseitigung des Schadenfalles durch einen angeschlossenen Handwerker nicht einlösen kann; das hat dann auch wiederum negative Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit.
Banken haben den Vorteil einer regelmäßig frequentierten (digitalen) Kundenschnittstelle, allerdings auch den Nachteil, dass das Kerngeschäft keine unmittelbaren Aufträge für den Handwerker produziert. So sind heute auch noch weniger Zusatzleistungen über das Kerngeschäft hinaus zu beobachten. Drei Gründe sprechen aber dafür, dass sich dies ändern wird. Erstens: Das große Potenzial beweisen Unternehmen, wie Google, Amazon etc., die ihre regelmäßigen Kundeninteraktionen erfolgreich monetarisiert und parallel ein umfassendes Leistungsspektrum für ihre Geschäftskunden aufgebaut haben. Zweitens: Die Notwendigkeit wird durch die schmelzenden Zinserträge des Kreditgeschäfts verdeutlicht, die im Handwerk mit teilweise hohem Investitionsbedarf bisher eine wichtige Rolle spielen. Das Wachstum mit Provisionserträgen aus einem erweiterten Leistungsangebot rückt hierdurch zunehmend in den Fokus. Drittens: Nicht zuletzt der dynamische und transparente Markt mit steigendem Angebot und sinkenden Wechselbarrieren zwingt Finanzdienstleister dazu, Relevanz und Kundennutzen mit einfachen Lösungen für echte Kundenprobleme, z.B. in der Buchhaltung, zu steigern.
Erste Banken, die sich mit der Zielgruppe kleiner Handwerksbetriebe auseinandersetzen, sind z.B. die Deutsche Bank und die Commerzbank. Die Deutsche Bank bietet mit BluePort ein digitales Portal an, auf dem sie Firmenkunden verspricht, dass sich dadurch Finanzen effizienter managen lassen. Zudem werden auch Leistungen angeboten, die über den klassischen geschäftlichen Zahlungsverkehr hinausgehen und das Führen des Unternehmens einfacher machen sollen.6 Dazu gehören Leistungen zu den Themen Cybersicherheit, Cafeteria-Systeme, Abwicklung von Geschäftsprozessen und automatische Dokumentenerstellung. Darüber hinaus finden sich handwerksspezifische Informations- und Beratungsangebote zur Digitalisierung.7 Von einer Integration der Leistungen kann aber im aktuellen Stand nur bedingt gesprochen werden, weil auf der Website der Deutsche Bank das jeweilige Unternehmen mit einer Kurzdarstellung auftritt und dann findet im nächsten Schritt die Überleitung zur Website des Anbieters statt. Zudem wird zu jeder Leistung nur ein Anbieter vorgestellt, was nicht im Sinne des Kunden ist. Aus Kundensicht wäre es sicher vorteilhaft, wenn ihm zu jeder Leistung eine transparent aufbereitete Übersicht über weitere relevante Player mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen angezeigt würde. So muss er den Vergleich selber vornehmen und das bedeutet wiederum Aufwand.
Die Commerzbank bietet mit UnternehmerPlus ebenfalls digitale Leistungen eines Partnernetzwerks an, die KMUs von den „unnötigen Lasten im geschäftlichen Alltag befreien und optimal unterstützen“ sollen. Dazu gehören Leistungen zu den Bereichen Rechnungsmanagement, HR, Buchhaltung, Lohnabrechnung, Online-Taskmanagement und die Organisation des Eingangsmanagements. Um die Nutzung der jeweiligen Leistungen der angeschlossenen Partner attraktiv zu machen, wird ein Rabatt für einen begrenzten Zeitraum angeboten. Dieser Ansatz ist ähnlich wie der von der Deutsche Bank als durchaus positiv zu werten. Beide Unternehmen haben erkannt, dass sie sich selbst über den bloßen finanzorientierten Produktansatz in ihrer weiteren Entwicklung begrenzen. Weitere Potenziale bestehen in jedem Fall darin, nicht nur Weiterleitungen auf die Webseiten der angeschlossenen Anbieter vorzunehmen, sondern diese über integrierte Schnittstellen anzubinden. Zudem sind vergleichbare Leistungen zusätzlicher relevanter Anbieter zu präsentieren, um dem Kunden basierend auf einer transparenten Darstellung eine Wahlmöglichkeit zu geben.8
Regionale Institute genießen i.d.R. den Vorteil einer engeren Vernetzung im regionalen Ökosystem insbesondere mit kleineren und mittelgroßen Unternehmen. Das hat etwas mit „Augenhöhe“ zu tun. Hypothetisch müsste dieser Vorteil mit der richtigen Strategie und konsequenten Umsetzung auch in die digitale Welt übertragbar sein. Erfolgversprechende Beispiele hierfür finden sich in Düsseldorf und Berlin. Die Stadtsparkasse Düsseldorf integriert verschiedene über ihr Kerngeschäft hinausgehende Leistungen für den Digitalen Mittelstand in der Region, z.B. Digitalisierungschecks mit themenspezifischer Beratung, Cyber Security Pakete sowie weitere Mehrwertleistungen zu Vorteilskonditionen.9,10 Auch die Berliner Volksbank bietet umfassende Unterstützung beim Digital Business, z.B. mit Seminaren zu Digitalem Marketing für KMU, dem Umgang mit der Cookie Richtlinie, Cyber Security sowie mit aktuellem Fokus auf die unternehmerische Bewältigung der Corona Krise.11
Die weiteren Potenziale für Mehrwertlösungen für Handwerker sind wie oben beschrieben vielfältig. Am wichtigsten dabei ist die Kundenperspektive. Denn nur wenn die Bank die einfachste Lösung mit dem besten Kosten-/Nutzenverhältnis für echte Kundenprobleme glaubhaft anbietet, wird der Handwerker sie auch über sie beziehen.
Möglicher Umsetzungspfad
Die Handwerker-Plattform wird idealerweise als offene Plattform aufgebaut, auf dem Lösungsanbieter mit nachfragenden Betrieben zusammengebracht werden. Und man kann es gar nicht oft genug sagen: Bei der inhaltlichen und ganzheitlichen Ausrichtung eines plattformbasierten Handwerkerökosystems steht die folgende Frage im Fokus: „Wie kann dem Handwerker das Leben so einfach wie möglich gemacht werden“.
Echte Mehrwerte lassen sich bspw. generieren durch (1) die Integration von Rechnungsstellung und Forderungsmanagement in das Online-Banking, (2) die Login-Harmonisierung des Zugangs zu Mitarbeitervorteilen mit automatisierten Cashbacks auf das Gehaltskonto oder (3) die Integration schlanker CRM-Funktionen in das Online-Banking, die wiederum bei Rechnungserstellung und personalisierter digitaler Kundenkommunikation unterstützen.
Unabhängig davon, welche konkrete Leistung zuerst angeboten werden soll, sind in der Konzeptphase immer die gleichen grundsätzlichen Punkte zu beachten. Zunächst sollten Sie sich, Ihre Kunden und Partner fragen, ob ein relevantes Kundenproblem über die Plattform am besten für den Handwerker und wirtschaftlich für alle Parteien gelöst wird. Nur dann kann das Plattformangebot nachhaltig erfolgreich sein. Ist es für den Kunden nicht wichtig genug, oder für sie/ihn, Bank/Versicherer oder die einzubindenden Partner zu teuer, wird es nicht funktionieren.
Hält das Konzept dieser ersten Prüfung unter Einbezug echter Kunden und Partner stand, so gilt es als Nächstes ein Minimum Viable Product zu entwickeln. Wichtig hierbei ist, dass es sich um eine brauchbare und existenzfähige Leistung für den Kunden handelt. Hintergrundprozesse dürfen zum Start manuell ablaufen, um flexibel auf die tatsächlichen Kundenprozessanforderungen eingehen zu können und um die teure Automatisierung unreifer Prozesse zu vermeiden.
Nehmen die Kunden die Leistungen in Anspruch und bestätigen deren Nutzen, so ist es an der Zeit, die Prozesse sukzessive zu verbessern, zu automatisieren und zu vermarkten. Abhängig von verfügbaren Ressourcen und dem Geschwindigkeitsanspruch wird dieser Entwicklungsprozess konsequent für die nächsten priorisierten Leistungen wiederholt. Wichtig hierbei ist die regelmäßige ehrliche Bewertung und im Negativfall auch Beendigung des Vorhabens. Auch im Positivfall bedarf es Fokus und Ausdauer, denn die wenigsten Leistungen funktionieren beim ersten Anlauf wie erwartet bzw. sehen als erfolgreiches Marktangebot noch so aus, wie anfangs konzipiert.
In der weiteren Entwicklung der Plattform werden kontinuierlich weitere Anbieter und neue Problemstellungen (z.B. Nachfolgebörse, betriebl. Altersvorsorge, Bank- und Versicherungsleistungen) bzw. Lösungen auf die Plattform gebracht. Über Freemium-Angebote und Club/Community-Entwicklungen soll nicht nur die Attraktivität der Plattform für Anbieter und Nachfrager (Netzwerkeffekte) erhöht werden, sondern gleichzeitig auch eine aktiv-gesteuerte Kundenbindung sowie die Entwicklung neuer Services bis hin zur Gründung neuer, handwerksrelevanter Startups betrieben werden.
Fazit: Eine von Bank oder Versicherung orchestrierte Handwerkerplattform bietet großes Potenzial, handwerklichen Betrieben und Einzelunternehmern betriebswirtschaftliche Aufgaben abzunehmen. So kann der Handwerker mehr Zeit in die eigentliche Wertschöpfung investieren und folglich Erträge steigern und die Bank/Versicherung von positiven Bindungseffekten und ggfs. fairen Provisionserträgen profitieren.
Erste Leistungsangebote in diesem Kontext sind am Markt zu beobachten. Ambitionierte Finanzdienstleister haben dennoch die Chance, vom großen Marktpotenzial zu profitieren, wenn Sie die richtigen Schritte von Konzept, über MVP zur Skalierung konsequent durchlaufen.
Finden Sie sich in den in den geschilderten Gedanken wieder? Lassen Sie uns diskutieren oder freuen Sie sich auf den nächsten Artikel zum detaillierten Vorgehensmodell zur Potenzialidentifikation und Entwicklung plattformbasierter Ökosysteme.
Quellen:
- https://www.smp-ag.de/de/presse/oekosystem-home-emotionalisierung-kundenbeziehung
- https://www.bitkom.org/sites/default/files/2020-03/200304_prasentation_d...
- https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Handwerk/Tabellen/kleine-mittlere-unternehmen-handwerk.html;jsessionid=1EF579FD3D5F4E592FC6887B7DF9B5F5.live712; Zahlen für 2018; Stand: 19. November 2020
- https://handwerk2025.de/wp-content/uploads/35d18f7dab62ea36b24eabf8f0000116.pdf
- https://www.smp-ag.de/de/presse/let-games-begin-spielregeln-plattformoekonomie
- https://www.deutsche-bank.de/ub/unsere-loesungen/zahlungsverkehr/electronic-banking/blueport.html
- https://www.deutsche-bank.de/ub/branchenkompetenz/handwerker/digitalisierung.html
- https://www.commerzbank.de/portal/de/unternehmerkunden/beratung-und-branchen/die-bank-fuer-unternehmerkunden/unternehmerplus/unternehmerplus.html
- https://www.sskduesseldorf.de/fi/home/digitaler-mittelstand/digitalisierungspaket.html?n=true
- https://www.sskduesseldorf.de/fi/home/produkte/Mehrwerte.html?n=true&stref=hnav
- https://www.berliner-volksbank.de/firmenkunden/online-seminare.html
Autoren:
Dr. Alfons Niebuer ist Partner für Versicherungen und Banken bei der Strategieberatung SMP Strategy Consulting. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in den Themen Plattformen und Ökosysteme, agile und digitale Transformation von Geschäftsmodellen sowie Omnichannel-Management
Philipp Sanders ist Senior Manager für Banken und Versicherer bei der Strategieberatung SMP Strategy Consulting. Beratungsschwerpunkte liegen in Kunden- und Vertriebsstrategien in der Plattformökonomie