26. Oktober 2022

AssuranceBanking: Next-big-thing oder Nonsense?

Digitale Plattformökosysteme, Provisionsertragsfokus und PSDII rücken die Bancassurance in den letzten Jahren wieder in den Fokus. Im Gegensatz dazu spielt der Vertrieb von Bankprodukten durch Versicherer - im Folgenden AssuranceBanking genannt - bisher kaum eine Rolle. Und das obwohl neue Vertriebswege für Banken vor dem Hintergrund des Abbaus stationärer Präsenz an Bedeutung gewinnen und Versicherungsvertriebe relevante Kompetenzen aufweisen. Gibt es unüberwindbare Hürden oder befinden wir uns erst am Anfang dieses Kooperationsmodells? Erste Antworten zur erwarteten Relevanz, zu präferierten Geschäftsmodellen und Kooperationsformen, geeigneten Produkten und Erfolgsfaktoren liefert unsere anonyme Befragung von elf führenden Experten von Banken und Versicherern.

Next-big-thing oder Nonsense?

Die bewusst polarisierende Frage zeigt ein sauber ausdifferenziertes Bild. Weder die Summe der Experten noch die Vertreter der beiden Branchen sind sich über das AssuranceBanking einig. 55% halten es eher für Nonsense, die knappe zweite Hälfte erwartet es als Next-big-thing. Es kommt offensichtlich auf die individuellen Erfahrungen bzw. Visionen an und letztendlich darauf, ob es den Kooperationspartnern gelingt, mit Bankprodukten einen relevanten Mehrwert für VersicherungskundInnen zu schaffen und diesen im Vertrieb überzeugend zu vermitteln.

Geschäftsmodelle

Als die wichtigsten Geschäftsmodelle werden sich laut Experten vor allem integrierte Angebote und Affiliate-/ Tippgeber Modelle durchsetzen (siehe Abbildung 1). Entgegen der ähnlichen Verteilung bei anderen Fragen, zeigen sich hier klare Unterschiede in den Antworten: Versicherungsexperten erwarten die Durchsetzung von integrierten Angeboten, Bankexperten erwarten mehrheitlich Tippgebermodelle.

Die unterschiedlichen Erwartungen spiegeln unseres Erachtens nach die unterschiedlichen Ziele der potenziellen Kooperationspartner wider. Während die Bank über das AssuranceBanking den Absatz stärken will, zielt der Versicherer auf gesteigerte Kundenrelevanz durch bessere Bedürfnisabdeckung. Die frühzeitige Harmonisierung der Ziele beider Partner untereinander und der gemeinsame Fokus auf relevante Kundenprobleme und vermittelbare Lösungen werden somit zu zentralen Erfolgsfaktoren.

Abbildung 1: AssuranceBanking Geschäftsmodelle

Kooperationsformen

Für den Vertrieb zeigen Exklusivkooperationen sowohl aus Banken- als auch aus Versicherungssicht mit 82% das größte Potential. Aus Bankperspektive werden auch die Anbindung an Vergleichsplattformen sowie die kuratierte Auswahl von Partnerangeboten als durchsetzungsfähig erachtet, denen aus Versicherungsperspektive kaum Bedeutung beigemessen wird.

Das breite Antwortspektrum aus Bankperspektive entspricht der Vielfalt der Bancassurance-Modelle und überrascht daher wenig. Aus Versicherungsperspektive hatten wir im ersten Moment eine andere Antwort erwartet, da die hier favorisierten Exklusivkooperationen die Angebotsvielfalt und Flexibilität einschränken. Erst die Berücksichtigung der Präferenz für integrierte Angebote erklärt das Antwortverhalten, da in Exklusivkooperationen deutlich mehr in die gemeinsame Entwicklung intelligenter Kundenlösungen mit echtem Mehrwert investiert wird. Damit einher geht das Verständnis, dass Kunden beim Versicherer keine Bankprodukte vergleichen oder Preise optimieren wollen, sondern nur mit bedarfsgerechten Problemlösungen zu überzeugen sind.

Abbildung 2: AssuranceBanking Kooperationsformen

(Retail-)Produkte

Bei der Auswahl von relevanten Bankprodukten sehen wir deutliche Präferenzen. Hier wird insgesamt der Vertrieb von langfristigen Finanzierungen am geeignetsten bewertet (siehe Abbildung 2). Experten priorisieren Produkte aus Lebenswelten, die bereits heute in beiden Branchen adressiert werden und hohe Erträge versprechen: „Bauen und Wohnen“ sowie „Vermögensaufbau“. Die niedrigmargigen vermeintlichen Einstiegs- bzw. Ankerprodukte „Konten & Karten“ schneiden mit Abstand am schlechtesten ab. 

Abbildung 3: AssuranceBanking Produkte

Erfolgsfaktoren

Unsere Befragung zeigt, dass der erfolgreiche Vertrieb von Bankprodukten durch Versicherer vor allem Kundenvertrauen und Markenfit voraussetzt. Allem voran muss das Produkt leicht erklärbar sein und einen Bezug zum Versicherungsprodukt aufweisen, um Authentizität und Glaubwürdigkeit des Versicherers aufrechtzuerhalten. Nur wenn dieser Kundenutzen klar ist und ein einfacher (digitaler) Abschluss ermöglicht wird, haben Versicherer eine Chance ihr Portfolio für bestehende Vertriebskanäle auszuweiten. Deswegen müssen integrierte Bankprodukte voll in die Vertriebs- und Vergütungsprozesse sowie -systeme des Versicherers eingebunden und von zielgerichteten, datengestützten Kampagnen flankiert werden. Und natürlich steht und fällt der Erfolg mit der Kompetenz und Motivation des Vermittlers – hier sind klare Verdienstmöglichkeiten und Produktüberzeugung der Berater unerlässlich.

Abbildung 4: Erfolgsfaktoren / Stolpersteine

Fazit

Während die Bancassurance derzeit wieder an Schwung gewinnt, bleibt das AssuranceBanking anspruchsvoll. Denn die meisten Versicherungstransaktionen wie Risiko- und Sachversicherungen folgen auf die Finanzierung bei der Bank und nicht andersherum. Hinzukommen hohe Anforderungen an Lösungen, Mitarbeitende, Prozesse und Systeme, deren Implementierung viel Aufwand produziert. Dennoch sprechen einige Signale für den Auf- bzw. Ausbau des AssuranceBankings, wie bspw. die starke Kundenbeziehung vieler Versicherungen und Vermittler sowie die Produktnähe in relevanten Lebenswelten und die zunehmende Fokuserweiterung in Richtung plattformbasierter Ökosysteme (siehe auch https://www.smp-ag.de/de/presse/let-games-begin-spielregeln-plattformoekonomie). Partnerschaften, die mit intelligenten Angeboten echte Kundenmehrwerte schaffen und dabei die Interessen unter Bank, Versicherern, Vertrieben und (Technologie-)Partnern harmonisieren, werden sich auch im AssuranceBanking durchsetzen.

SMP sichert den Erfolg im Kooperationsgeschäft. Wir gestalten digitale Prozesse mit einem überzeugenden Kundenerlebnis, entwickeln das partnerübergreifende Operating Model und befähigen die Mitarbeitenden auf dieser Reise.

Haben Sie Feedback? Wollen Sie diese Ergebnisse oder ähnliche Herausforderungen persönlich diskutieren? Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme über philipp.sanders@smp-ag.de.